Was der Bäckermeister über die Geschichte des Brotes erzählen kann

Brot, das wichtigste Nahrungsmittel aller Kulturvölker, aus Mehl oder mehlartigen Substanzen durch Backen bereitet, wird schon im frühesten Altertum erwähnt. Wie aus der Bibel hervorgeht, kannte man zur Zeit Abrahams das gesäuerte Brot noch nicht; zur Zeit Moses war es aber schon bekannt, denn er untersagte den Israeliten, es beim Genusse des Osterlammes zu essen. Die Griechen hatten der Sage nach das Brotbacken vom Gott Pan gelernt. Wahrscheinlich lernten sie es durch phönizische und ägyptische Kolonialisten, in deren Heimat die Kunst, die Körner in Handmühlen zu mahlen und aus Mehl Brot zu backen, sehr viel früher bekannt war. In Rom gab es nach Plinius` Bericht schon frühzeitig öffentliche Bäcker; das römische Brot bestand aus einer Art viereckigem, nur 4 cm dicken Kuchen mit sechs bis acht Einschnitten. Das beste wurde aus Weizen bereitet. Von Rom aus teilte sich der Gebrauch des Brotbackens zunächst dem westlichen Europa mit, von wo aus es sich nach Norden verbreitete. Die Verwendung des Roggens zu Brot trat erst nach der Völkerwanderung auf. Nach dieser Zeit wurde das Roggenbrot zum allgemein gebrauchten Nahrungsmittel, bis im 18. Jahrhundert das Weizenbrot bei den meisten Völkern an seine Stelle trat, gegenwärtig behauptet Roggenbrot fast nur noch in Deutschland und in skandinavischen Länder den Vorrang. Die steigende Kultur und die erhöhten Ansprüche der Menschen veranlaßten die Bäcker nach und nach mehr zur Feinbäckerei überzugehen.

Von allen Einrichtungen, deren sich das Gewerbe bedient, hat sich keine so unverändert während der einigen Tausenden von Jahren erhalten wie der Backofen. Die gleichen Formen, die wir in den Zeichnungen Ägyptens dargestellt finden, dieselben Konstruktionen, die die Ausgrabungen von Pompeji an das Tageslicht gefördert haben, sind heute noch in großer Zahl in vielen Ländern fast die gleichen. Und wenn mancher noch wie in früheren Zeiten das Kneten des Teiges und die Herstellung sonstiger Gebäckarten per Hand besorgen sollte, so wissen wir doch, daß durch die Verwendung von Maschinen aller Art uns die Arbeit erleichtert wird, denn wie überall bleibt auch im Bäckerhandwerk die Mechanisierung und der technische Fortschritt nicht stehen.

Brotbacken läßt sich auf vielerlei Art

Sowohl im nahen Osten als auch in Ägypten wußte man Brot bereits früh zu schätzen, wofür sich schriftliche Belege schon zwischen 3000 - 2800 v. Chr. Finden lassen. Vor allem in Ägypten durfte das Brot als Grundnahrungsmittel aller Bevölkerungsschichten, als Zahlungsmittel und Tauschobjekt sowie als Basisentlohnung für Bedienstete nie fehlen.

Insgesamt waren etwa 42 Sorten Brot- und Feingebäcke bekannt, und der tägliche Pro–Kopf-Bedarf lag bei beachtlichen 500 g Brot.

Man ließ sich Fladenbrot aus Weizen- und Gerstenmehl schmecken, stellte aber auch sogenannte Blumentopfhochbrote her, indem man Tontöpfe im offenen Feuer erhitzte, alsdann zur Seite stellte und mit Teig füllte. Später wurde der Brotteig in sogenannten Zylinderbacköfen gebacken. Diese waren etwa ein Meter hoch, von meist kegelförmigem Aussehen und bestanden aus luftgetrockneten Nilschlammziegeln.

Die Brote lagen auf Zwischenböden oder wurden an die heißen Innenwandung geklebt und rasch gebacken. Demzufolge mußte sich der Bäcker beim Einlegen oder Herausholen des Backgutes tief in den Ofen beugen und bis über die Ellenbogen hineingreifen.

„Wenn der Bäcker steht und backt und Brote ins Feuer legt, so ist sein Kopf innen im Ofen, und sein Sohn hält seine Füße fest. Geschieht es, daß er seinem Sohn aus der Hand gleitet, so fällt er in die Glut hinein“, wird uns in einer zeitgenössischen Chronik denn auch getreulich überliefert.

Die Römer entwickelten das von den Ägyptern und Griechen übernommene „Know-how“ um das Backen und den Backofen weiter. Bereits um 170 v. Chr. Entstand das gut durchorganisierte römische Bäckereigewerbe, einmal davon abgesehen, daß man in beinahe jedem Haushalt Brot aus Weizen- oder Gerstenmehl bereitet hat. Gebacken wurde in dem von Römern „erfundenen“ Backofen mit kuppel- oder tonnenförmigem Backraum, der auf einem Sockel brusthoch aufgemauert war und direkt beheizt wurde. Dieser Backofentyp blieb übrigens auch nördlich der Alpen während des gesamten Mittelalters bis ins Industriezeitalter die Regel. Das Backprinzip dürfte vielen noch von den Gemeindebackhäusern, die bis heute gelegentlich in Gebrauch sind, bekannt sein: Zunächst wurde der Ofen aufgeheizt, indem man Holz auf der Backfläche verbrannte und danach Glut und Asche mit einem Ofenkratzer entfernte. Anschließend wurde die Backfläche mit einem an einer Stange befestigten Lappen, den man vor Benutzung anfeuchtete, gereinigt und gleichzeitig Dampf in den Backraum gebracht.

„Vivat hoch dem Dampfbackofen“

Neue Impulse der Backofentechnik in Nord- und Mitteleuropa gab es Ende des 19. Jahrhunderts mit der Einführung des Dampfbackofen. Beim Dampfbackofen erfolgte eine Wasserdampfbeheizung durch starkwandige Stahlrohre als Heizkörper, so daß das Eindringen von Rauch in den Backraum ganz vermieden werden konnte. Durch diese Trennung von Heiz- und Backraum war die Vorbereitung für einen hygienischen und fortlaufenden Backbetrieb geschaffen. Der Eingang des Dampfbackofens in die Backstube wurde denn auch mit Begeisterung begrüßt. „Vivat hoch dem Dampfbackofen, Hoch der Bäcker neuester Zeit“, so lautete ein Vers eines alten Bäckergedichts.

Besonders in den letzten 50 Jahren hat sich die Technik des Backens stark verändert. In modernen „Backautomaten“ wird nicht mehr „eingeschlossen“, sondern „eingeschoben“ (Stikkenofen), oder die Backflächen werden halb- und vollautomatisch nach vorheriger Programmierung gefüllt und ebenso entleert. Für das Bäckerhandwerk unserer Zeit können ach wie vor die alten Gedichtszeilen „hoch der Bäcker neuester Zeit“ geltend gemacht werden.

Butterbrot ist Kind des Mittelalters
Eine Studie über Tischsitten im Hanseraum lüftete das Geheimnis der „Ur-Stulle“

Das Butterbrot ist im späten Mittelalter erfunden worden. Das hat der Volkskundler Günter Wiegelmann von der Universität Münster erforscht. Wie der emeritierte Direktor des Seminars für Europäische Ethnologie in einer Studie über die Tischkultur im Hanseraum berichtete, hätte „die Sitte, Brotscheiben mit Butter zu bestreichen“, vor dem 14. Jahrhundert nicht entstehen können, weil sich erst danach das Salzen als Konservierungsmethode durchsetzte.

Früheste Spuren des Butterbrots entdeckte Wiegelmann in Verordnungen des Bremer Krameramts von 1339. Zehn Jahre später nannte sich ein Rostocker „Bertoldus Botterbroth“. Martin Luther hätte die „Putterpomme“ dann 1525 als „gute Kindernahrung“ beschrieben. Im 18. Jahrhundert machte der Earl of Sandwich belegte Weißbrotschnitten hoffähig. Erst um diese Zeit kam auch der süße Brotaufstrich auf.

Brötchen aus der Vorzeit

Das älteste Brötchen Europas ist fast 3000 Jahre alt. Es wurde vom Schweizer Brotforscher Dr. Max Währen jetzt identifiziert, nachdem es bereits 42 Jahre unbeachtet im Magazin eines Museums gelegen hatte. Der nur 3,5 c lange verkohlte Gegenstand stammte aus der Zeit um 900 v. Chr. Und war offenbar den Göttern als Opfer dargeboten worden. Mit dem Brötchenrest wurde eine Metallplatte gefunden, die ebenfalls einen Opfergegenstand darstellt. Das „Weggli“ wurde 1952 in Övelgönne bei Hamburg ausgegraben. Erst in Bern wurde es identifiziert.


Alte Mahlbräuche
Vom Lehrer Hermann Beholz, Drakenstedt

Bis zum Jahr 1808 herrschte in den meisten Teilen Preußens der Mühlenzwang. Ein Patent des Königs Friedrich Wilhelm I. vom 04. Februar 1715 hatte verordnet, „daß die Ämter-Untertanen des Herzogtums Magdeburg in den Amts-Mühlen, zu denen sie gewiesen sind oder die ihnen zunächst liegen, mahlen lassen müssen, keineswegs aber in ausländischen Mühlen (Barby, Nienburg, Wormsdorf). Zuwiderhandlungen werden bestraft zum erstenmal mit Konfiskation des Getreides, das in fremden Mühlen gemahlen ist, auf ferneren Ungehorsam mit arbitrarischer Strafe nach Ermessen der Magdeburger Kammer“.

Für die Rosenburger Amtsuntertanen kamen in Frage 2 Windmühlen und eine Schiffsmühle in Groß Rosenburg, 2 Schiffsmühlen in Klein Rosenburg, und falls diese nicht ausreichten, die Amtsmühle zu Calbe.

Diese Mühlen müssen damals mit Mehlgästen sehr überlastet gewesen sein. Denn am 29. März 1724 fragte der rosenburgische Justitiar Haevecker in Magdeburg an, ob die Amtsuntertanen nicht wenigstens das auswärts gekaufte Getreide in auswärtigen Mühlen lassen könnten, weil nach dem Vorgeben der Leute die Calbesche Mühle so überhäuft sei, daß die Rosenburger Untertanen daselbst abgewiesen oder lange aufgehalten wurden.

Jedoch wurde ihm unter dem 16. Mai 1724 geantwortet, daß nachdem die Berichte des Calbeschen Mühleninspektors Liebau die Klagen der Rosenburger nicht zuträfen, die Calbesche Mühle vielmehr wohl im Stande sei, alle Mahlgäste zu fördern. Es blieb deshalb beim Verbot auswärtiger Mühlen.

Trotzdem kam es immer wieder vor, daß das Verbot übertreten wurde. So wurde am 31. Mai 1725 dem Amte angezeigt, daß die Einwohner am Saalhorn ihr Getreide und Öl auf der Barbyschen Mühle mahlen ließ.

Ein ähnlicher Mühlenstreit entstand 1731 in Breitenhagen. Der dortige Windmüller, Andreas Neumann, beschwerte sich beim Amte, daß die Einwohner von Breitenhagen fast gar nicht bei ihm, sondern über der Elbe in der Poley-Mühle mahlen ließen. Er nannte solche, die in den letzten 3-4 Wochen hätten mahlen lassen: Christian Ilau, Christoph Radespiel, Martin Fritze, Joh. Martin Osterland.

Die Betreffenden wurden vorgeladen und brachten allerhand Entschuldigungen vor. So gestand Christian Ilau zu, daß er 6 Scheffel in derPoley–Mühle gemahlen habe. Christoph Radespiel führte an, es wäre kein Wind gewesen, außerdem wurde ihnen in ihrer Windmühle das Ihrige halb gestohlen, weil ein Mauseloch in der Schrotkehle und der Mühlbursche ein diebischer Soldat wäre.

Ähnliche Klagen brachten auch die anderen vor, und da die angestellte Untersuchung eine teilweise Berechtigung ihrer Klagen ergab, gingen sie straffrei aus, wurden aber vermahnt, in Zukunft die Amtsmühlen zu benutzen.

Die Magdeburger Kammer schlug vor, durch öftere Mühlen-Visitationen darauf zu achten, daß die Müller nicht mehr als ihre vierte gestrichen Metze von allen Getreiden bekommen.

Ferner sei darauf zu sehen, daß die Läufe um die Mühlensteine nicht weiter als zwei Zoll von den Steinen abstehen, die Läufe ihre Rechte Höhe haben und die Beutel und Kasten mit Leinewand wohlverwahret seien.

Als Beispiel sei ein solcher Revisionsbericht aus Groß Rosenburg mitgeteilt:

„Groß Rosenburg, 20. Oktober 1732. Auf Kgl. Preußischen Amtsbefehl haben wir zu Ende gesetzte Richter und Schöppen auf den Groß Rosenburger Mühlen einige Scheffel Roggen zur Probe gemahlen. Als erste auf des Richters Schiffsmühle einen Scheffel Roggen, gestrichen Maß, so vom Müller allemal selbst gestrichen worden.

Daraus nach Abzug der Müller-Metze gemahlen:

1 Scheffel Mehl und 3 ½ Metzen Kleie, beides gehäuft. Auf der neuen Windmühle ist eben von dem gleichen Korne ein Scheffel gestrichen gemahlen; daraus gekommen:

1 Scheffel Mehl und 3 Metzen Kleie; beides gehäuft. Auf der alten Windmühle ist gleichergestalt, wie in ersten beiden geschehen, ein Scheffel Roggen gemahlen, daraus bekommen:

1 Scheffel und ¼ einer Metze Mehl und Kleie, alles gehäuft gemessen, und ist alles von den Müllern selbsten gemessen worden.
Warum auf der alten Windmühle mehr Mehl als auf der neuen Windmühle aus einem Scheffel Korn gemacht wird, ist Ursache, daß die Mühlsteine auf der alten Windmühle besser sind als auf der neuen.